
Nach der Definition des Coaching wird dabei die Selbstlern- und Lösungskompetenz des Coachee gefördert. Im Coaching mit Pferden gibt es eine Methode, die das Pferd als Spiegel oder sogenannten ‚Verstärker‘ einsetzt. Hier wird die Reaktion des Pferdes wahrgenommen und als Spiegel für den Menschen verwendet. Beispielsweise geht der oder die Betreffende mit dem Pferd mehrere Runden, während derer er oder sie verschiedene Lösungsalternativen durchdenkt. Anhand der Reaktion des Pferdes kann der Mensch erkennen, ob er / sie diese Lösungsvariante bevorzugt, weil beispielsweise das Pferd freiwillig folgt oder Zeichen der Entspannung zeigt. Im Gegenzug wenden sich Pferde manchmal ab oder bleiben stehen, wenn wir einen für uns nicht passenden Weg gehen.
Diese Vorgehensweise ist einerseits nachvollziehbar. Denn Pferde sind sensible Fluchttiere, die unseren Spannungszustand sehr schnell und fein verstehen und spiegeln und auf unsere Körpersprache wach reagieren. Insbesondere Menschen, die sehr rational agieren und nur schwer oder begrenzt Zugang zu ihren Emotionen und zu ihrer Intuition haben, können so im Spiegel der Pferde Bewusstheit über ihre eigenen Empfindungen zu verschiedenen Handlungsalternativen gewinnen.
Die Kehrseite dieser Vorgehensweise ist jedoch, dass ein Coachee in dieser reinen Nutzung des Pferdes als Spiegel abhängig von dem Pferd und dem Coach ist. Durch diese Methode ist ein Kunde möglicherweise für diese eine Entscheidung weiter gekommen, hat aber nicht für künftige Entscheidungen die Selbstlernkompetenz erweitert.
Hinzu kommt, dass die Pferde auch eigene Befindlichkeiten in das Coaching mitbringen - beispielsweise verschiedene Energielevel durch ihre Persönlichkeit und ihr Alter, Erfahrungen mit bestimmten Situationen, situative Auslöser für Reaktionen wie Ausgang zur Weide, etc..
Aus diesem Grund setzen wir diese Übung nur dosiert und mit präziser Betrachtung und eigenem Interpretationsspielraum für unsere Kunden ein. Um hier die Lösungs- und Selbstlernkompetenz eines Menschen zu fördern, bedarf es einer sehr fundierten Reflexion mit Praxistransfer – um beispielsweise abzuleiten, welche Schlüsselerkenntnisse über generelle Entscheidungsmuster gefunden wurden.
Wie bereits angedeutet, kann diese Übung für größere Entscheidungen sinnvoll sein, ohne dass ein Beitrag zur Selbstlösungskompetenz des Coachee geleistet wird. Dann sind die Pferde und wir einen Moment eher beratend tätig. Auch da ist es uns aus Gründen der Berufsethik allerdings wichtig, keine Abhängigkeit des Kunden herzustellen, sondern weiterhin seine / ihre eigene unabhängige Entwicklung zu fördern.